I. Ein Dilemma zwischen Transparenz und Angst: Was tun?
Kennst du dieses Dilemma? Dein Leben steht Kopf, denn du lebst mit einer schwerwiegenden Krankheitsdiagnose. Jeden Tag grübelst du, wie du im Job damit umgehen sollst. Sollst du deine Krankheit transparent kommunizieren oder still darüber schweigen? Die Frage der Offenlegung gegenüber Deinem Arbeitgeber ist ein echter Balanceakt: zwischen Offenheit und Schweigen, zwischen dem Wunsch nach Ehrlichkeit und der Angst vor möglichen Konsequenzen.
Die gute Nachricht vorab: grundsätzlich bist Du nicht zu einer Offenlegung Deiner Krankheit verpflichtet – weder im Bewerbungsgespräch noch im laufenden Arbeitsverhältnis. Ausnahmen gibt es nur selten, z.B. ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bei Gefahr für andere Mitarbeiter.
Verzwickt auf vielen Ebenen
Die Situation ist verzwickt, weil sie viele Unsicherheiten birgt.
- Vermutlich hast Du bereits alle Argumente für und gegen eine Offenlegung abgewogen. Du siehst in beiden Vorgehen Vor- und Nachteile. Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Dilemma! Einerseits spürst Du Sehnsucht nach Offenheit, Transparenz und Vertrauen. Andererseits schwebt die Angst über dir, dass deine Karriere Schaden nehmen könnte: Du könntest stigmatisiert oder benachteiligt werden.
- Manche Herausforderungen (z.B. einige chronische Krankheiten) sind für Außenstehende nicht sichtbar. Damit sind auch Deine Belastungen für unbedarfte Dritte nicht nachvollziehbar.
- Eine erfolgte Offenlegung Deiner Erkrankung kannst Du nicht wieder zurücknehmen.
Zwischenfazit:
Dieses Dilemma ist weitreichend und zermürbend und verlangt eine wohlüberlegte Entscheidung. Mein Tipp: triff aktiv und frühzeitig eine bewusste Entscheidung für Dich.
II. Navigationshilfe: Abwägen von Pro und Contra
Es gibt keine universelle Antwort auf die Frage, ob Du Deine gesundheitliche Einschränkung offenlegen solltest. Jede Situation ist einzigartig und erfordert eine individuelle Abwägung. Um dir zu helfen, beleuchte ich zunächst die zentralen Argumente für und gegen Transparenz.
Argumente für Transparenz
- Psychische Entlastung: Das Teilen deiner Situation kann psychisch entlastend sein und das Arbeitsumfeld entspannen: kein Verstecken von Symptomen mehr, keine Angst vor Entdeckung.
- Vertrauen aufbauen: Offenheit kann das Vertrauen zwischen dir und deinem Arbeitgeber stärken. Menschen, die ihre Erkrankung offenlegen, sind immer auch ein Vorbild für andere.
- Unterstützung erhalten: Dein Arbeitgeber könnte notwendige Unterstützung oder Anpassungen bereitstellen, wie flexible Arbeitszeiten oder spezielle Arbeitsbedingungen.
Argumente gegen Transparenz
- Ungewissheit: Es ist unklar, wie dein Arbeitgeber reagieren wird. Ungewollte Konsequenzen könnten folgen. Manche Führungskräfte sind unerfahren im Umgang mit gesundheitlichen Einschränkungen.
- Diskriminierung: Es besteht das Risiko, dass du diskriminiert wirst oder berufliche Nachteile erfährst: Entscheidungen über Beförderungen könnten gegen dich ausfallen.
- Stigmatisierung: Kollegen und Vorgesetzte könnten Vorurteile entwickeln oder dich anders behandeln oder bewerten, selbst wenn dies unbewusst geschieht.
Kriterien für deine Entscheidung
Jeder Betroffene muss eine individuelle Entscheidung treffen. Hier sind einige Kriterien, die dir helfen können:
- Arbeitsumfeld: Wie ist die Unternehmenskultur in Deinem Unternehmen? Wird Offenheit gefördert? Hast Du Erfahrungen, wie mit schwierigen, sensiblen Themen umgegangen wird?
- Beschäftigungsverhältnis: Bist Du unbefristet oder befristet angestellt? Läuft Deine Probezeit noch? Wurde bei Dir eine Schwerbehinderung oder eine Gleichstellung amtlich anerkannt?
- Vertrauen zur Führungskraft: Wie ist Dein Verhältnis zu Deiner Führungskraft? Hast Du Vertrauen zu ihr? Ist sie an Dir als Mensch interessiert? Rechnest Du mit einer unterstützenden Reaktion?
- Deine Einschränkungen: Die Schwere und Art Deiner Krankheit können Deine Entscheidung beeinflussen. Einige Erkrankungen sind stärker stigmatisiert (z.B. nicht sichtbare Einschränkungen). Andere tragen ein höheres Risiko, im Berufsalltag zu Belastungen zu führen.
- Notwendigkeit von Anpassungen: Brauchst du spezielle Arbeitsbedingungen oder Anpassungen, um deine Arbeit gut erledigen zu können? Wenn deine Arbeit stark von deiner gesundheitlichen Einschränkung beeinflusst wird, kann eine Offenlegung notwendig sein.
- Persönlicher Umgang mit der Krankheit: Wie kommst Du mit Deiner Krankheit zurecht? Kannst Du die Folgen für Dich schon übersehen? Fühlst du dich stark genug, um offen über deine Krankheit zu sprechen? Wie sehr würden Dich positive Reaktionen beflügeln oder negative aus der Bahn werfen?
- Langfristige Perspektive: Welche positiven oder negativen Auswirkungen könnte deine Entscheidung langfristig auf deinen Beruf bzw. Deine Karriere haben?
Im ersten Teil dieses Beitrags hast Du den Balanceakt zwischen Offenheit und Schweigen im Angesicht einer schweren Krankheitsdiagnose im Job kennengelernt. Ich habe Dir zentrale Argumente für und gegen einen transparenten Umgang sowie Kriterien für Deine Entscheidungsvorbereitung an die Hand gegeben. Im zweiten Teil teile ich mit Dir meine persönlichen Tipps für die Entscheidungsfindung und die Umsetzung der Offenlegung – sofern Du Dich für diese entscheidest.
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Wichtig!
Die Frage der Offenlegung einer gesundheitlichen Einschränkung lässt sich nicht beantworten, ohne Deinen Einzelfall – ggf. auch arbeitsrechtlich – zu bewerten. In diesem Beitrag skizziere ich meine persönlichen Erfahrungen: aus Sicht des Personalleiters und des Betroffenen, der selbst mehrfach vor dieser Entscheidung stand. Meine Gedanken stellen keine Bewertung oder Handlungsempfehlung in irgendeine Richtung dar. Sie ersetzen auch keine arbeitsrechtliche Prüfung.
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